Freitag, 31. Mai 2013

My cat goes fiddle-i-fee

Eine kurze Atempause am Donnerstagmorgen: Almut und eine Freundin trafen sich zu einer Fiddle-Session im Büro und so konnte ich bei folkloristischen Klängen langsam wach werden.







Es folgt...

...meine Woche. Kompakt in drei Episoden.

Mittwoch: Is this really the proper German word for this?

Einer der wichtigsten Aufgaben am Mittwoch war die Übersetzung englischer Abstracts für das Konferenzprogramm der IAML* Konferenz in Wien.  Da Almut einen wichtigen Termin hatte, wurde diese Aufgabe vertrauensvoll mir übertragen. Meine Begeisterung hielt sich in Grenzen, denn was meine Übersetzungsfähigkeiten betrifft, so mache ich mir seit einer mit 3 Punkten bewerteten Übersetzung in der 11. Klasse, einem Tiefpunkt meiner schulischen Karriere mit verheerenden emotionalen Folgen, keine Illusionen mehr. Ich gab trotz unguter Vorahnung mein Bestes, war aber nach vollbrachter Arbeit nicht überrascht als Almut bei der Schlusskontrolle "einige" Verbesserungsvorschläge machte. 
Aber ich bin ja ein Mensch, der sowas generell positiv betrachtet: Man lernt eben nie aus. Und da mindestens zwei Sätze ohne Verbesserung in das Programm übernommen wurden, habe ich den ersten erfolgreichen Schritt gegen mein Übersetzungstrauma getan!

*International Association of Music Libraries, Archives and Documentation Centers


Donnerstag: You really got a sweet tooth, haven't you?


Donnerstag war Meetingtag. Als Erstes stand ein Treffen mit einer kanadischen Doktorandin an, die plant ihre Arbeit über die Zusammenhänge schottischer und kanadischer Musik in Quebec zu schreiben. (Ein sehr schönes Doktorarbeitsthema. Leider befürchte ich, dass es nicht mit "Die Bedeutung der Orthopädie im Frauenfußball" mithalten kann.)

Während des Gesprächs versuchte ich die Kekse, die es zu dem Tee dazu gab so leise wie möglich zu essen und lauschte ich dem Austausch historischer Fakten, Anekdoten und vor kurzem gelesener Wie-die-Musik-über-Kontinente-und-Weltmeere-wanderte-Theorien. (Lumberjacks aus Kanada, die im 2. Weltkrieg nach Schottland geschifft worden. Nur, falls das jemand googlen möchte.)Und obwohl ich mir sicher bin, dass Almut und die Doktorandin noch mindestens drei Stunden darüber hätten reden können, mussten wir uns nach einer Stunde verabschieden und zum nächsten Termin eilen. Außerdem waren die Kekse alle.

Also schneller Raumwechsel und neues Thema: Der Schwerpunkt lag nun auf der Digitalisierung der Bestände. Mehrere Kurzvorträge gaben Einblicke in die verschiedenen Bereiche, die in die Entwicklung dieser Projekte involviert waren. Vor den darauffolgenden Diskussionen gab es eine Teepause. Mit Muffins. Logistisch günstig postierte ich mich also in der Nähe des Muffinwagens, und verbrachte die Pause damit, jeweils zu warten bis alle,die mich einen Muffin hatten essen sehen anderweitig beschäftigt waren und dann in diesen unbeachteten Momenten meine Chance (und den damit verbundenen Muffin) zu ergreifen.
Die dann folgenden Diskussionen waren hitzig, dank schottischer Akzente teilweise unverständlich aber auch sehr interessant. Zumindest das, was ich verstehen konnte. Es gab zum Beispiel Marketingstrategien, die vorsahen schöne Abbildungen von Blumen aus Büchern zu scannen und sie dann Tattoogeschäften als Vorlage zur Verfügung zu stellen. Meiner Meinung nach ein Schritt in die richtige Richtung.

Neben neuen Ideen und Erkenntnissen war dieses Treffen aber vor allem spannend, weil es mal wieder bewies, dass es innerhalb der Bibliothekare einen großen Bruch gibt. Zwischen denen, die bereit sind Risiken im Hinblick auf Kosten und neue Methoden einzugehen und denen, die grundsätzlich eine ablehnende Haltung gegen so ziemlich alles einnehmen. Dieser Konflikt, den ich bereits in anderen Bibliotheken erlebt habe, regt mich immer ein wenig auf. Nicht nur weil ich denke, dass ein wenig Optimismus dieser ganzen Sache nicht schaden würde, sondern auch weil ich dadurch den Eindruck bekomme, dass Bibliotheken von Innen heraus Entwicklungen blockieren, die für ihre Rolle innerhalb der Gesellschaft von enormer Bedeutung wären. Andererseits Bibliothekare zu erleben, die mit Passion und Überzeugung hinter den neuen Konzepten stehen macht mir Mut und Hoffnung, dass es in diesem Bereich viele Chancen für neue, vielleicht technik- und innovationsaffinere Bibliothekare gibt, die nur darauf warten ergriffen zu werden. (Ich erspare mir an dieser Stelle eine Muffinmetapher.)


Freitag:  Nice to meet you!


Heute habe ich viele neue Leute kennengelernt. Vielleicht ist Freitag ein guter Tag dazu. Zuerst traf ich Mme Boucher, Senior Cataloguer in der Bibliothèque Nationales du Québec, eine Bekannte von Almut noch dazu. Almut führte uns durch die Magazinräume der Bibliothek und zeigte uns die Sondersammlungen von Berlioz und Händel. Zum Schluss genossen wir die Aussicht aus dem Lesesaal. (Bilder folgen.)
Am Nachmittag besuchte ich dann zum ersten Mal und sogar alleine (Ich werde wirklich langsam erwachsen.) eines der weiteren Gebäude der Bibliothek. Wunderbar gelegen in einer umgebauten Kirche am Lawnmarket, wurde ich in die dunkle Kunst der Metadatenverwaltung mit DOD eingeführt. Meine Einweiserin, welche den wunderbaren Namen Flora trägt, ließ es sich danach nicht nehmen mich dem Rest des Teams vorzustellen. Eine besonders lebhafte Unterhaltung hatte ich zum Schluss mit Ines, die die Bibliothek im Hinblick auf Digitalisierungsstrategien berät. Nachdem wir uns lange über Kosten und Auswahl digitaler Collections ausgetauscht hatten, drückte sie mir ein Heft mit den Digitalisierungsplänen der letzten drei Jahre in die Hand und schickte mich mit einer äußerst interessanten Aufgabe ("Take it, read it and tell me why it is crap!") in mein Wochenende.


Mittwoch, 29. Mai 2013

Here comes the Sun

Wenn in Schottland die Sonne scheint, dann sind alle irgendwo im Freien. Wie letzten Samstag. Alle Welt im Park, ich in der Gemäldegalerie. Auf dem Weg dorthin bewunderte ich viele blasse Oberkörper und mit welcher Hingabe sich alle der Sonne widmeten. An der Ampel schnappte ich noch auf: "This day, you know, it's like the weather is apologizing for everything that happened in the last few month!" 









PS.: Heute hat es übrigens wieder geregnet.

Dienstag, 28. Mai 2013

Bust a move!

'OH MY GOD! LYDIA, LOOK! THERE'S A FREE CORNER! WE CAN PUT STUFF THERE!'

Auf diesen Ausruf folgt üblicherweise* eine kleine Begeisterungschoreografie, dann eine tiefe Verbeugung vor dem gnädigen, uns Stauraum gewährenden Universum und zum Schluss triumphales Gelächter. 
(*Reihenfolge und Dauer der einzelnen Elemente kann je nach Größe und Ort der neuen Freifläche variieren.)

Wer dieses Verhalten für übertrieben hält, der musste wahrscheinlich noch nie in der schottischen Nationalbibliothek sein Hab und Gut unterbringen. Einfach ist das nämlich nicht. Aufgrund der Umstrukturierung kam es zu zahlreichen Umzügen innerhalb des Gebäudes. Einige Abteilungen, darunter auch die Musikabteilung, büßten dadurch Platz ein. Dieser Verlust muss jetzt mit viel Kreativität wettgemacht werden. Und da ist schon eine Ecke hinter der Tür, sei sie noch so klein und unzugänglich, ein bedeutender Teil des großen Ganzen.
Um mehr Stauraum für die Musikabteilung zu schaffen, sollte ein zusätzliches Regal aufgebaut werden. Dazu mussten aber zuerst vier übervolle Regale ausgeräumt werden. Almut und ich waren also die letzte Woche, inklusive heute, damit beschäftigt Dinge von A nach B zu tragen, um dann festzustellen, dass sie vielleicht doch lieber nach C sollten. Gott sei Dank gab es teabreaks plus Scones. Andererseits wäre die Motivation allzu schnell gesunken. (Man fragt sich wohin. Unserer Büros sind ja schon fast im Keller. Hohohoho...)
Und wohin dann mit all den Büchern, CDs und Heftchen? Manch einer ahnt es vermutlich schon. Mein Büro erlebte die Stunde seines Triumphs. (Oder seines Untergangs. Das liegt im Auge des Betrachters.)



Aber nicht nur mein Büro wurde deutlich gemütlicher. Auch in Almuts Büro türmten sich überall Bücher und Akten. Anscheinend gab es auch ein Ordnungsprinzip. Wir werden dann beim Einräumen merken, ob es sich durchgesetzt hat.




Um halb eins hatten wir es dann endlich geschafft: die Regale waren leer! Dann dauerte es auch nur noch knappe zwei Stunden bis die Herren kamen, die alles umbauen und -räumen sollten. Ich kann dazu an dieser Stelle nur sagen, und das ist besonders an die weibliche Leserschaft gerichtet: Es hat sich gelohnt! Ich meine, man schaue sich das mal an:


Schottische Qualitätsarbeit.
Alle Wünsche wurden erfüllt. Denn: Better safe than sorry.
Morgen ist dann endlich der große Tag: Alles findet (hoffentlich) seinen Platz. Nachdem wir heute aber auch noch ein paar kleine Schränke aus einem der Lagerräume entwendet haben, bin ich eigentlich recht optimistisch, dass wir alles unterkriegen. Vielleicht finden wir ja auch noch eine kleine Ecke.

Stillleben mit Aktenordnern.
Leider nicht ganz so barock und 'memento mori' wie ich mir das erhofft hatte.
Morgen versuche ich es noch mal. Mit Weintrauben.

Sonntag, 26. Mai 2013

I don't now if I already told you this, Lydia, but this library is a madhouse.

In meinem Kopf schwirren kurze Augenblicke, flüchtige Momente und abgeschnittene Liedzeilen umher. Alles durcheinander, aber ein jedes schöner als das andere. So ist es wohl, wenn einen die Fremde freundlich willkommen heißt und man plötzlich übergossen wird mit Eindrücken. Gerne würde ich all das mit meiner hochverehrter Leserschaft teilen, aber leider sind die magischen Denkariums noch nicht unserer Welt angekommen. Eine Schande ist das. Denn so bin ich allein gelassen mit einzig und allein Worten und Bildern um zu erzählen, was in einer Woche hier geschehen ist. Vor der unumgänglichen Unvollständigkeit dieses Berichts sei daher gewarnt. 

Mein Leben in Edinburgh begann am Sonntag. Es begann mit einer mir aus Kinder- und Jugendtagen urvertrauten Routine: dem Gottesdienst. Anne nahm mich mit in ihre Gemeinde, St. Johns: Eine wunderschöne Kirche gelegen an der Princes Street mit einem grandiosen Chor und einem deutschen Pfarrer. (In Schottland kennt jeder mindestens einen Deutschen, ist mit einem Deutschen/ einer Deutschen verheiratet, hat deutsche Großeltern oder hat mal im Krieg gegen Deutsche gekämpft.) Nach dem Gottesdienst trafen wir uns dann mit Freunden in einem Café. Dort lernte ich Patrick kennen, den wohl britischsten Briten, der mir je begegnet ist. Absolut charmant und immer einen wunderbaren Witz auf Lager, leider aber weit über siebzig, erzählte er mir von seinen Besuchen in Berlin vor ein paar Jahren. Da vor ein paar Jahren aber 1964 bedeutet, konnte ich wenig beitragen, nickte nur und lachte viel. Außerdem ist der schottische Akzent nun auch nicht so einfach zu verstehen..
Als dann der letzte Tropfen Tee getrunken war, machten wir uns zu einem Spaziergang auf. Der dauerte bis in den Abend hinein und so und ich begann mir den Kopf darüber zu zerbrechen wie grandios ich an meinem ersten Arbeitstag scheitern würde. Gott sei Dank war der Spaziergang so lang! Bevor ich das Szenario der abbrennenden Nationalbibliothek (natürlich wegen mir) erreicht hatte, schlief ich schon tief und fest.

Montagabend war mir dann auch klar, dass ich mir all diese Gedanken nicht hätte machen müssen. Almut Boehme, meine Betreuerin und Leiterin der Music Collections, ist eine unglaublich nette Frau und wirklich schlimme Probleme kann und wird es nicht geben. Mit diesem wohlig-warmen Gefühl warfen wir uns dann in den Papierkram. Das dauerte dann auch eigentlich den ganzen Tag, wurde aber gnädigerweise immer von Teepausen unterbrochen.
An den folgenden Tagen war ich sozusagen Almuts Schatten und folgte ihr einfach überall hin, lernte wo ich was wie bekommen konnte und was die großen Projekte waren, die vor uns lagen. (Und dass man viele Mitarbeiter mit deutscher Schokolade bestechen kann.) 
Die Umstrukturierung der schottischen Nationalbibliothek, die vor kurzem stattfand, verursacht die meisten meiner Aufgaben. Erst einmal gilt es den "office move" zu beenden und alles an Ort und Stelle zu bringen, dann müssen Kataloge in neue Schränke umgelagert werden und auch Metadatenerfassung steht für die kommenden Wochen auf dem Plan. Über mangelnde Beschäftigung werde ich mich also nicht beklagen müssen.
Ich habe in dieser Woche auch einige Abteilungen kennengelernt und durfte an vielen Besprechungen teilnehmen. Das hat nicht nur mein Ohr für schottische Akzente geschult, sondern mir auch einen wertvollen Einblick in die Hierarchie und Arbeitsweise der Bibliothek gegeben. 
Nach dieser Einführungswoche bin ich nun also sehr gespannt auf morgen, denn dann geht die Arbeit richtig los. Und dann gibt es auch wieder teabreaks. 

Umsiedlungsprojekt.


Ein Highlight etwas abseits der Arbeit war der Dienstagabend: Anne hatte mich zum Essen einer Gemeindegruppe eingeladen. Nichtsahnend, aber hungrig fuhr ich also zur Wohnung des Pfarrers und lernte im Verlauf des Abends folgende Dinge:

1. Britische Pfarrer leben in sehr, sehr, sehr, sehr, sehr, sehr großen Wohnungen. 
2. Wenn man aus Berlin kommt, muss man auf gewisse Fragen gefasst sein:
    Berlin is quite nice without the wall, isn't it?
3. Es gibt Menschen, die sich persönlich schuldig fühlen für das Unrecht der Thatcher-Ära, weil sie damals für sie wählten.
4. Wenn man beim Krankenhausradio arbeitet sollte man auf Frank Sinatras "My Way" verzichten. Die erste Textzeile ("And now, the end is near...") machen viele der Patienten zu nervös.

Ich würde gerne noch viel mehr schreiben (zum Beispiel über meinen Besuch in der Nationalgallerie, das Konzert des Kirchenchors, das mir Tränen entlockte etc. etc.) aber wie schon Paracelsius sagt: Die Dosis macht das Gift. Deshalb werde ich an dieser Stelle erst einmal innehalten, bevor niemand mehr genug Zeit hat um all das zu lesen.

Soweit also meine erste Woche. In Bruchstücken zugegebenermaßen.
Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit und wünsche noch einen wunderschönen Sonntagabend!

Take me to the place where the white girls dance

Wie ich bereits erwähnte gab es äußerst interessante Dinge im Zoo zu sehen. Unter anderem Pole-Dancer. 
Ich finde es ja gut, dass sich auch Zoos immer darum bemühen neue Gäste anzulocken und treue Besucher zu überraschen. Man sollte über die Umsetzbarkeit solcher Maßnahmen in Bibliotheken diskutieren.







Z wie Zoo

Dank eines glücklichen Zufalls bekamen meine Gasteltern Donnerstagabend Karten für die Edinburgh Zoo Night (die am Freitagabend stattfinden würde) und weil sie einfach unglaublich liebe Menschen sind, durfte ich mit. Also hieß es nach meiner ersten kompletten Arbeitswoche (dazu später mehr): WIR GEHEN IN DEN ZOO!
Mit uns standen mindestens noch dreihundert andere Menschen in der Schlange vor dem Eingang, doch schneller als gedacht betraten wir mit all diesen Feier- und Tierwütigen den Zoo. Die Jagd nach dem Photo der spannendsten Tiere begann sofort! Zuerst stürmten wir zu den Pandas. Diese waren spektakulär faul oder aber stellten sich tot um alle zu ärgern. Nicht gerade das ideale Photomotiv. Manch einer der Besucher war sogar so verzweifelt über die Apathie dieser Wesen, dass sie die Videos der Pandas, die neben den Gehegen auf mehreren Bildschirmen liefen und in denen sie begeistert Bambus fraßen, einfach abfotografierten. 
Nachdem dieses Must-See erledigt war, kam die Stunde meines Triumphs: PINGUINE. Und das war nicht alles. Nein, nein. PINGUINE MIT BABIES! 

Alles neu macht der Mai.
Nachdem ich mich von der Trolligkeit dieser wunderbaren Tiere erholt hatte, ging es dann weiter mit dem Rundgang. Als nächstes stießen wir auf eine Gruppe Amateur-Poledancer. Die Betrachtung dieser seltenen Spezies kostete ebenfalls Zeit und so dauert es ein wenig bis wir endlich auch andere Tiere zu sehen bekamen.

Eine Frage der Perspektive.
Affentheater.
Neben vielen, offensichtlich durch die späte Störung verwirrte Tiere, gab es auch andere Kuriositäten. Bäume, die nach Schokolade riechen, betrunkene Menschen, die leere Gehege erwartungsvoll minutenlang betrachten und Frauen, die den Gang durch den Hochseilgarten in High Heels absolvieren. 

Ein Baum, der nach Schokolade riecht, wenn er blüht.
Um 10 pm hieß es dann: Das Licht ist aus, wir gehn' nach Haus'. Rabimmel, rabammel, rabum.
Naja. Eigentlich eher: Wir sind vier Stunden durch den Zoo gelaufen, es sind sieben Grad und deshalb gehen wir nach Hause. Aber bei so wunderbarem Vollmond formuliert man alles etwas rosiger. Und auf Englisch. (Da versage ich gerade, das gebe ich zu.)
Als sich hinter uns die Tore schlossen, hörte man den kollektiven Erleichterungsseufzer der edinburgh'schen Zoopopulation und ich entschuldigte mich im Stillen für die Störung, bedankte mich für das Anschauen-dürfen und wünschte ihnen von Herzen ein ruhige Nacht.




Donnerstag, 23. Mai 2013

Zimmer mit Aussicht.

21:36

The long and rainy road


Fünf Tage ist es her, dass ich mein trautes Heim in Berlin hinter mir gelassen und mich auf den Weg nach Schottland gemacht habe.
Die Reise begann spektakulär mit der S2 Richtung Blankenfelde, welche mich zur Friedrichstraße brachte. Von dort aus ging es dann mit dem Airport-Express richtig los. Ich winkte dem Grimm-Zentrum, meiner Heimatbibliothek noch zum Abschied und ließ dann die Stadt hinter mir. Weder besonders traurig noch besonders euphorisch. Ich war die Abschnitte der Reise recht oft in meinem Kopf durchgegangen und konzentrierte mich nun darauf Ruhe zu bewahren. Das ging eine Weile gut, aber eben nur eine Weile. Der Abschied von meinem charmanten Begleitkomitee fiel mir dann nämlich doch sehr schwer, aber da die Zeit drängte und sich vor den Sicherheitskontrollen lange Schlangen bildeten, musste auf allzu ausufernde Sentimentalität verzichtet und stattdessen schnell das Handgepäck präpariert werden. 
Das Flugzeug betrat ich bei Wind und Regen und verließ es nach einem wunderbar sonnigen Flug über allen Wolken bei etwas mehr Regen und stärkerem Wind. Aber ich war vorbereitet und mit imprägnierter Regenjacke stellte ich mich den Naturgewalten. Der Bus nach Edinburgh kam schnell und  meine Gasteltern holten mich dann nach wenigen Minuten des Wartens von der Bushaltestelle im Zentrum der Stadt ab. 
Nachdem ich all mein Gepäck in meinem neuen Domizil abgelegt hatte, gab es dann erstmal Tee im Wohnzimmer. Damit ich mich besonders heimisch fühle, wurde dann ein deutscher Film geschaut. (Beim letzten Deutschlandurlaub gekauft.) Kirschblüten: Hanami. Zum Teil gedreht in Berlin. Das Heimweh blieb mir aber dank des traurigen Sujets erspart. (Außerdem gab es in der Mitte des Films eine Essenspause und ich bin bekanntermaßen ein Fan von solchen Sachen.) Auf den Film folgten noch viele schöne Gespräche und als ich dann irgendwann in meinem neuen Bett lag, fühlte ich mich dann auch schon fast wie zu Hause.

Packimpressionen:

Hoffentlich wurde nichts vergessen.

Bereit für so ziemlich jedes Wetter.


PS.: Wenn ich meinen Blog schreibe sitze ich meistens im Wohnzimmer. Heute alleine mit den zwei Katzen meiner Gasteltern. Die können sich aber nicht leiden, fauchen sich an und tun sich weh. Ich würde gerne deeskalierend wirken, bin aber ratlos. Die Anspannung ist fast unerträglich.

Mittwoch, 22. Mai 2013

Ich sehe was, das ihr nicht seht.

Aber Gott sei Dank gibt es dafür Kameras!


[...]
Überraschenderweise habe ich mich verlaufen.
Aber dabei entdeckt man auch schöne Dinge. Wie das Gebäude vom City Council.

Schottische Frühlingsromantik.
Entdeckt am Morgen des ersten Arbeitstages.
Waverley Station.
(Von Touristen auch gerne Waterloo Station genannt.)

Teepausen nicht eingerechnet.
Stairdoor to Heaven.
Globalisierte Streetart.
Nur Saurons Auge fehlt.
 
Challenge accepted!
Die Reiseführer haben recht:
Der Besuch von Seitenstraßen kann sich in der Tat lohnen.
Ein kleiner Tanz für die Sonne vor dem Scott Monument.

 Subtile Rebellion gegen konventionelle Beschilderung.
Edinburgh by night. Haha.

Fragen ans Universum: Wo bin ich? Und wie bin ich dahin gekommen?

Geradeaus, Treppen hoch, rechts abbiegen, durch die Sicherheitstür, wieder geradeaus, links abbiegen, zwei Treppen runter, links, rechts und dann bin ich in meinem Büro.
Ja, korrekt: Mein Büro. Ich habe ein eigenes. Das ist wunderbar. Aber der Weg dorthin ist aufgrund eingeschränkter Orientierungsfähigkeiten nicht so einfach. Deshalb spreche ich immer stumm die Anleitung für mich mit und bin heilfroh, wenn ich tatsächlich meinen Bestimmungsort erreiche.

Ich sitze in Raum 723. Falls mich mal jemand besuchen möchte.

Mein Bestimmungsort zurzeit ist die Nationalbibliothek Schottland in Edinburgh. Für zwei Monate werde ich hier in der Musikabteilung arbeiten. Möglich gemacht wurde dieses Praktikum durch das Leonardo- da-Vinci –Projekt und die unermüdliche Unterstützung meiner Berufsschullehrerin und Projektkoordinatorin Frau Zick.
Als ich zu Beginn meiner Ausbildung erfuhr, dass ein Auslandspraktikum möglich ist war mir ziemlich schnell klar, dass ich gerne nach Schottland gehen würde. Schöne Landschaft, gute Supermärkte und alles ein wenig beschaulicher und kleiner als in Deutschland.
Natürlich ist die Nationalbibliothek in Hinsicht auf Beschaulichkeit und maßvolle Größe nicht der erste offensichtliche Praktikumspartner, aber Edinburgh ist einfach zu schön und die Chance in einer Nationalbibliothek zu arbeiten zu verführerisch als dass man da passen könnte.

Die Bewerbungsphase startete letzten Oktober und nach zahlreichen E/Mails und einigen Terminverschiebungen, stand es dann im Januar dieses Jahres fest: ich gehe nach Edinburgh.
Was folgte waren dann noch mehr E-Mails, ziemlich viel Papierkram und jede Menge Nervosität.
Eine der zentralsten Fragen war natürlich: Wo werde ich wohnen? Da die Queen im Sommer meist den Holyrood-Palace bewohnt musste ich mich auf die Suche nach Alternativen begeben. Glücklicherweise bekam ich dabei Hilfe von Jochen, der letztes Jahr sein Praktikum in Edinburgh absolvierte und mir von Beginn an mit Rat und Tat zur Seite stand. Er hatte im vergangenen Jahr in einer Studenten-WG gewohnt und vermittelte mich an die Vermieter. Leider gab es für diesen Sommer keinen freien Platz mehr in der Studentenwohnung, aber dafür boten sie mir das Zimmer ihrer Tochter, die in London lebt, an. Ich sagte sofort zu und bereue es bis zur heutigen Stunde nicht. Denn: ich habe ein Zimmer mit Blick auf die Bucht und es ist einfach ein erhebendes Gefühl, wenn man die Gardinen öffnet und sich vor einem ein wunderbarer Ausblick über Edinburgh und das Meer ausbreitet. (Bei schlechtem Wetter sehe ich immerhin den Schornstein des nächsten Hauses.)Mein Glück wird dadurch komplett, dass jeden Morgen eine Tasse Tee für mich bereitsteht. Mit Milch und Zucker. The british way of life.
Aber durcheinander wie ich gerade bin, greife ich schon vor. Um die ganze Geschichte etwas strukturierter anzugehen, werde ich also nach und nach die ersten Tage in Schottland (und natürlich wie ich dahin gekommen bin) aufrollen. Einen Blogeintrag nach dem anderen.


Für Neugierige folgen nun weiterführende Links zu meinem Betrieb und dem Projekt.

Leonardo-da-Vinci-Projekt:

Meine Berufsschule:

Weitere Informationen zu dem Projekt:

Mein Praktikumsbetrieb:

Und wo ich eigentlich herkomme:

Sonntag, 19. Mai 2013

We are about to experience some technical difficulties

Die Bilanz nach 24 h in Edinburgh:

konsumierte Tassen Tee: 5
gesehene Dudelsackspieler: 2
deutsche Touristen, die auf einen McDonalds zeigen und sich sehr freuen: 3

...

Eigentlich sollte nun auf diese beeindruckenden Zahlen ein sehr ausführlicher Bericht über meinen Flug und die ersten Erlebnisse in Schottland folgen, da ich aber gerade festgestellt habe, dass der Stecker meines Aufladegeräts nicht in den Adapter passt und mein Akku so gut wie leer ist, muss ich das leider erstmal verschieben. Morgen wird dann ein Elektronikfachgeschäft aufgesucht und das Problem hoffentlich behoben.

Zur Besänftigung enttäuschter Leser hier erstmal einige Bilder:

Ein Dudelsackspieler, der keinen Kilt anhatte. 

Kirschblüte in den Princes Street Gardens

Edinburgh Castle

Gut gepflegter, vermutlich aber nicht englischer Rasen.